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Die jungen Leute sind am meisten betroffen

Von Steffen Haake / 10. Oktober 2015
Foto: Steffen Haake

Seit Jahren hört man es täglich in deutschen Medien: Europa in der Krise, Griechenland in der Krise. Doch was bedeutet das für die Menschen in Griechenland konkret? Wie hat sich ihr Leben verändert? Steffen Haake hat bei zwei Griechen nachgehorcht.

Fotinos Pagiavlas, Verkehrspolizist und gewählter Gewerkschaftsvertreter in Athen, und Dimitris Makrystathis, Vorsitzender der NGO Youthnet Hellas und Mitglied im Jugendbeirat des Europarats, müssen nicht lange nachdenken, wenn man sie nach den Auswirkungen der Krise auf ihr Leben fragt.

Fotinos

25 Prozent weniger Lohn

Pagiavlas arbeitet sechs Tage pro Woche, darunter mindestens zwei Nachtschichten. Der Polizist kontrolliert den Verkehr und sorgt auch bei Demonstrationen oder Staatsbesuchen für Sicherheit. „Mir macht es nichts aus, mitten auf einer Kreuzung zu stehen oder Proteste abzusichern, das sind Aufgaben, die gemacht werden müssen“, sagt Pagiavlas. Monatlich bekommt er dafür 1.000 Euro Lohn, früher waren es 1.300 Euro – wegen der Krise sind die Löhne um durchschnittlich 25 Prozent gekürzt worden.

Doch Geld ist es nicht, das ihn antreibt, sich in der Gewerkschaft für die Rechte seiner Kolleginnen und Kollegen einzusetzen. „Für mich waren die Lohnkürzungen nicht so schlimm, ich mache einfach keine Reisen mehr“, scherzt Pagiavlas. Der Antrieb für sein Engagement liegt in seiner Überzeugung von einer offenen Gesellschaft: So war er der erste Athener Polizei-Gewerkschafter, der an einer Demonstration für die Rechte Homosexueller teilnahm. „Ich selbst habe eine Freundin und möchte auch eine Frau heiraten. Aber ich hielt es für wichtig, mich für die Rechte meiner schwulen Kollegen einzusetzen“, sagt er. Keine Selbstverständlichkeit. Nach der Demo hätten ihn zwar einige bewundert, aber viele seiner Kollegen hätten nicht mehr mit ihm geredet.

Kampf gegen Rechts 

Seitdem Europa in der Krise ist und Griechenland besonders unter der Austeritätspolitik beziehungsweise den staatlichen Sparmaßnahmen leidet, ist Pagiavlas der Kampf gegen Rechts ein besonderes Anliegen. Schließlich fürchtet er den Aufstieg nationalistischer und rassistischer Bewegungen, die die Menschen mit einfachen Erklärungen für komplexe Probleme verführen.

Daher beteiligt er sich an einem Projekt des Athener Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung gegen rechte Organisationen. Auf diese Weise hofft er daran mitwirken zu können, Griechenland durch die Krise in eine bessere Zukunft zu manövrieren.

Die verlorene Generation

Die Zukunft ist es auch, die Dimitris Makrystathis beschäftigt – denn die gehört schließlich der Jugend, für die er sich mit Youthnet Hellas im Jugendbeirat des Europarates einsetzt. „Die Jugend ist aber auch die Gegenwart. Wir sind jetzt da, wir wollen jetzt mitreden“, sagt Makrystathis.

Er ist sich sicher: Jugendliche sind die Menschen, die am meisten unter der Krise zu leiden haben. Er nennt seine Generation die „verlorene Generation“, da sie ihrer Chancen beraubt wurde. Doch es gibt noch eine weitere Generation – die fehlende: Geht man durch die Straßen Athens, so fällt auf, dass es wenige Kinder gibt. Makrystathis und Pagiavlas sind sich einig: „Die Leute bekommen keine Kinder, weil sie es sich nicht mehr leisten können“, klagen sie. Auch Pagiavlas hat deshalb bisher auf Kinder verzichtet. „Einige meiner Kollegen haben Kinder und einen Kredit, die wissen nicht mehr, wie sie das bezahlen sollen.“

Weiter kämpfen

Das sind düstere Aussichten, die für die beiden engagierten Griechen jedoch Ansporn sind, weiter zu machen. Makrystathis will sich weiter im Jugendbeirat des Europarates einsetzen und der Jugend auf europäischer Ebene mehr Gehör verschaffen. Pagiavlas wird in verschiedenen Netzwerken weiter gegen Rechts, Diskriminierung und fallende Löhne kämpfen.

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